DECOLONIZE MÜNCHEN

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Wie hat sich der Kolonialismus in das Münchner Stadtbild eingeschrieben? Welche Kolonisierungseffekte sind heute noch in München sichtbar? Wo gibt es Leerstellen? An welchen Orten der Stadt verdichten sich postkoloniale Auseinandersetzungen? Wie gehen wir mit den Spuren der kolonialen Vergangenheit in unserer Stadt um? Was bedeutet dekolonisieren heute?

DECOLONIZE MÜNCHEN
freedom roads! | Spuren Blicke Stören | George Adéagbo
Ausstellung im Münchner Stadtmuseum vom 25.10.2013 bis 23.02.2014

Europas Stadtlandschaften sind geprägt von Spuren des Kolonialismus. Straßennamen erinnern bis heute an einst beanspruchte Gebiete, noch immer werden koloniale Akteure geehrt. Doch in den letzten Jahren engagieren sich mehr und mehr lokale Initiativen für eine kritische Auseinandersetzung mit diesen Hinterlassenschaften. Auch in München wird seit Jahren debattiert. Dies nimmt das Münchner Stadtmuseum zum Anlass, aus neuen Perspektiven auf Münchens koloniale Geschichte und Gegenwart zu blicken.

Initiiert von einem breiten gesellschaftlichen Bündnis werden unter dem Titel DECOLONIZE MÜNCHEN drei Ausstellungsmodule gezeigt:

  • freedom roads! koloniale straßennamen • postkoloniale erinnerungskultur. Geschichte, Kunst und Beteiligung; Konzept & Gestaltung: Berlin Postkolonial und HMJokinen, afrika-hamburg.de
  • spuren_ blicke_ stören • dekolonisieren.münchen | dekolonisieren.museum
    Kuratiert von: Zara S. Pfeiffer, Dr. Martin W. Rühlemann; Gestaltung: Barbara Mugalu, Tahir Della
  • „L ́Allemagne avant la Guerre et l ́Allemagne après la Guerre“ – künstlerische Installationvon Georges Adéagbo
  • Planung und Realisierung des Rahmenprogramms: Sarah Bergh

 

In Kooperation mit:

ADEFRA e.V., afrika-hamburg.de, Arbeitskreis Panafrikanismus, Berlin Postkolonial e.V., Initiative Schwarze Menschen in Deutschland e.V., [muc] münchen postkolonial, mapping.postkolonial.net, Nord Süd Forum München e.V., Ökumenisches Büro für Frieden und Gerechtigkeit e.V.

Städtische Kooperationspartner
Münchner Stadtmuseum, Kulturreferat der LH, AMIGRA – Antidiskriminierungsstelle für Menschen mit Migrationshintergrund der LH München, Pädagogisches Institut der LH

DECOLONIZE MÜNCHEN Pressemitteilung
DECOLONIZE MÜNCHEN Programmheft

 

Die Erforschung der Anderen – Koloniale Entdeckungsreisen und ihre fatalen Konsequenzen

Artikel von Zara Pfeiffer – erschienen im Hinterland Magazin Nr.23

Als die Münchener Forscher Martius und Spix von ihrer Reise nach Brasilien zurückkehrten, hatten sie Tiere, Pflanzen und Menschen im Gepäck. Wenn heute über die beiden Wissenschaftler berichtet wird, werden sie meist mit dem „Geist der damaligen Zeit“ entschuldigt. Die Fragen nach der Herkunft von Wissen und der Verstrickung von Wissenskomplexen und Machtverhältnissen sind nach wie vor virulent.
Auf Befehl seiner Majestät Maximilian Joseph I. von Bayern brachen am 6. Februar 1817 in München die Herren Carl Friedrich Philipp von Martius und Johann Baptist von Spix zu einer ausgedehnten Forschungsreise auf, die ihnen einigen Ruhm und wissenschaftliche Reputation einbringen sollte. Das Ziel: Amerika oder genauer: Brasilien. Für die Bayerische Akademie der Wissenschaften sollten die beiden Forscher während ihrer Reise möglichst alles, was ihnen begegnete, erfassen, vermessen, kategorisieren, katalogisieren und sammeln. Dieser Auftrag beschränkte sich nicht auf die Botanik und Zoologie (die beiden Fächer von Martius und Spix), sondern bezog sich auch auf die Mineralogie und die Physik, die Topographie und Geographie sowie auf die Menschen, die ihnen während der Reise begegnen sollten, auf deren Lebensumstände und -weisen, deren Sprache, Geschichte und Kultur.

Juri und Miranha – begierigen Blicken ausgesetzt, vermessen und vergessen

Artikel von Eva Bahl – erschienen im Infoblatt 81 – Zeitschrift für internationalistische und emanzipatorische Perspektiven und so

„Typisch München“

(eb) Ein Besuch in der Dauerausstellung des Münchner Stadtmuseums „Typisch München“: Neben dem „angeblichen Schlüsselbein Heinrichs des Löwen“ und „Waldi“, dem Olympiamaskottchen von 1972 hängt da in der Abteilung, in der das München des 19. Jahrhunderts repräsentiert wird, ein Bronzerelief. Es hängt dort, weil es ein frühes Werk des bedeutenden Erzgießers Johann Baptist Stiglmaier war. Auf der begleitenden Ausstellungstafel wird aber noch eine weitere Geschichte erzählt, die sicherlich eher selten als „typisch München“ betrachtet wird – die Geschichte der „Indianerkinder Juri und Miranha“, deren Grab das Relief einmal geschmückt hat.Peters-Projekt

Foto: Zara Pfeiffer

Leerstelle Südfriedhof

Spurensuche am Alten Südfriedhof. Wer ein wenig recherchiert, kann herausfinden, dass sich an der Stelle, an der Juri und Miranha begraben wurden, heute das Grab des 1895 verstorbenen bayerischen Kultusministers Ludwig August von Müller befindet. An die Geschichte von Juri und Miranha gibt es dort – zumindest auf den ersten Blick – keinerlei Erinnerung. Gräber aus der gleichen Zeit, die sich hingegen sehr wohl noch am Südlichen Friedhof finden lassen, sind die von Carl Friedrich Philipp von Martius und Johann Baptist Ritter von Spix. Auf deren Gräbern stehen die Berufsbezeichnungen „Botaniker“ bzw. „Zoologe“. Die Lebensgeschichten von Juri und Miranha sind eng verwoben mit denen der Herren Martius und Spix.

Honorierte Herren

Nach Martius ist in München eine Straße benannt, an dem Ort seines ehemaligen Wohnhauses hängt eine Gedenktafel und im Botanischen Garten steht eine Büste von ihm. Ein viel geehrter Mann also. Martius und Spix waren von 1817-1820 im Auftrag des bayerischen Königs auf einer Expedition in Brasilien unterwegs, von der sie mit 85 Säugetieren, 350 Vögeln, 2700 Insekten und 6500 Pflanzen verschiedenster Arten zurück kamen. Das ist also der Grund für die Ehrung: Sie haben den Grundstein für diverse zoologische, botanische und völkerkundliche Sammlungen in München gelegt. An den botanischen Sammlungen „führt bis heute kein Weg vorbei für jeden, der sich im wissenschaftlichen Sinne mit der Botanik Brasiliens befasst.“1. Die Leistungen dieser Herren Forschungsreisenden werden also nach wie vor honoriert. Die beiden Universalgelehrten begrenzten sich aber nicht auf die Tier- und Pflanzenwelt, vielmehr stellten sie auch umfangreiche Forschungen zur Bevölkerung des Amazonas an, brachten eine Menge ethnographischer Objekte mit nach Bayern.  Masken, Federschmuck, Pfeile und Blasrohre „gehören heute zu den wertvollsten Objekten der Südamerikasammlung im Münchner Völkerkundemuseum.“2

Martius Palme

Martius wird als „Vater der Palmen“ bezeichnet

 

Und sie verschleppten Menschen. Juri und Miranha, deren Grabplatte heute als spezifisch Münchner Bronzekunst im Stadtmuseum zu bestaunen ist, waren die einzigen, die überhaupt lebend in München ankamen. Die Angaben variieren von fünf bis zehn Kindern, die ursprünglich verschleppt worden waren. Martius „verschenkte“ einige der Kinder, andere überlebten die Seereise nach Europa nicht.

Verschleppte Kinder

Juri und Miranha wurden nach ihren jeweiligen Sprachgruppen benannt, ihre wirklichen Namen sind nicht bekannt. Die beiden wurden auf die Namen Johannes und Isabella getauft und in München in königliche Obhut gegeben. Sie wurden der Besichtigung durch die schaulustige Bevölkerung preisgegeben, vermessen, gezeichnet und ihr Verhalten wurde akribisch dokumentiert. Kommunikation untereinander war den Kindern nicht möglich, weil sie nicht die gleiche Sprache beherrschten. Völlig empathielos erscheinen angesichts dieser Situation die zeitgenössischen Beschreibungen der Kinder. Während auf Juri in einigen Beschreibungen eher der „edle Wilde“3 projiziert und seine Herkunft „aus einem Stamme, welcher mehr den Weißen dient“4 honoriert wird, wird Miranha sehr viel negativer als „blöd“, „gefühllos“ und „gleichgültig“ beschrieben.
Ob „edel“ oder „primitiv“: Alle Darstellungen der Kinder sind geprägt von europäischem Überlegenheitsgefühl und „verhindern, den Anderen in seiner Differenz wahrzunehmen und dabei als gleichwertig zu akzeptieren“5.

Schaulust

Direkt nach der Ankunft von Juri und Miranha in München wurden sie im Hause des Forschers Spix der Schaulust der Bevölkerung preisgegeben. Nachdem die Neugierigen sich zuvor in Listen hatten eintragen müssen, konnten sie dann die beiden Kinder begaffen und den Forschern Fragen zu deren Gewohnheiten stellen. Diese Möglichkeit wurde von mehreren Hundert Münchner_innen wahrgenommen. Auch international gab es großes Interesse an den Kindern. So äußerte das Journal de Paris „die Hoffnung, die baierischen Gelehrten würden sich einige Tage zu Paris aufhalten, und ihre junge Menschenfresserin mit ihrem Gefährten der öffentlichen Neugierde preisgeben.“6
Zusätzlich angeregt wurde diese Schaulust durch die Berichte Martius‘ über angebliche Menschenfresser und Hexerei bei der amazonischen Bevölkerung und durch mitgebrachte Kuriosa wie ein vermeintlich mit Menschenzähnen besetztes Reibebrett.7 Neben dieser ganz direkten und persönlichen Zurschaustellung im Hause Spix‘ wurden Juri und Miranha auch vielfach gezeichnet. Um die gesammelten Gegenstände – Kleidung, Schmuck, Masken, Waffen, Musikinstrumente – möglichst authentisch darzustellen, standen Juri und Miranha für einen Atlas Modell und sollten die verschiedensten amazonischen „Stämme“ repräsentieren.

Perspektivwechsel

Durch diesen Atlas, die Aufzeichnungen von der Reise, unzählige Urkunden, Auszeichnungen und Briefwechsel gibt es viele Möglichkeiten, sich den Blick von Martius und Spix auf die Welt zu erschließen. Dieser reicht von der Bezeichnung der indigenen Bevölkerung Brasiliens als „primitiv“8 und „entartet“9 bis zu Bedauern über Juris frühen Tod, den Martius später im Leben noch äußerte.10 Zudem sind Reisen und Sammlungen der beiden Forschungsreisenden auch selbst wieder zum Gegenstand wissenschaftlicher Erkundung geworden und so werden immer weitere Aspekte ihres Forscherblicks freigelegt. Was bei all dem völlig fehlt, ist der Blick der verschleppten Kinder. Da Juri und Miranha nach wenigen Monaten in München verstarben, gibt es heute keinerlei Möglichkeit, ihren Blick kennen zu lernen. Selbst ein kritischer dekolonisierender Ansatz ist immer darauf angewiesen, aus dem Blick der Forscher_innen, der Presse, des Königlichen Finanzministeriums etc. auf die Perspektive der Kinder zu schließen.

Zurschaustellungen

Die Tatsache, dass die ehrenwerten Forscher Menschen verschleppten, wird in den heutigen positiven Bezugnahmen auf Spix und Martius entweder verschwiegen oder es wird ihr mit dem Verweis auf den „Geist der damaligen Zeit“11 Verständnis entgegen gebracht. Die Sammelwut dieser Forschungsreisenden, die mit akribischer Genauigkeit alles studierten, vermaßen und kategorisierten, erstreckte sich eben auch auf Menschen. Damit entsprachen Spix und Martius tatsächlich dem Zeitgeist. Und auch der bayerische König Max I. Joseph tat nichts Ungewöhnliches, als er Spix und Martius mit dieser Reise beauftragte und sich später mit ihrer Sammlung schmückte. Die Historikerin Anne Dreesbach schreibt: „Im höfischen Kontext waren die ‚exotischen‘ Menschen nicht nur Repräsentanten ihrer Heimat, sie symbolisierten auch Weltoffenheit, Reichtum und Besitzanspruch des Fürsten. Der weit verbreitete Besitz von ‚exotischen‘ Tieren wurde durch ‚exotische‘ Menschen ergänzt.“12 Neben dieser Präsenz an den Höfen waren Menschen außereuropäischer Herkunft bereits seit dem 15. Jahrhundert Gegenstand der Zurschaustellung auf Jahrmärkten, Volksfesten oder im Zirkus. Im Laufe des 19. Jahrhunderts nahm dieses Phänomen immer mehr zu und es konnte auch beträchtlicher kommerzieller Nutzen aus der Schaulust und dem Voyeurismus der Bevölkerung geschlagen werden. Beispielhaft zeigt das die Geschichte von einem findigen Schausteller in der Münchner Au, die der Sprachforscher und Freund Martius‘ Johann Andreas Schmeller in seinem Tagebuch berichtet. Der geschäftstüchtige Schausteller hatte eine Münchner Familie maskiert, angemalt und sie – gemeinsam mit einem gefälschten Gutachten von Spix über die „Aechtheit der Wilden“ als „Indianische Buschmenschen aus Neuholland“ – gegen Eintritt ausgestellt.13

Anatomie

Häufig kam es bei den „Völkerschauen“ zur Zusammenarbeit von Wissenschaftler_innen und Unternehmer_innen. Die Menschen, die gegen Eintritt zur Schau gestellt wurden, waren gleichzeitig Objekte der Sprachwissenschaft, der Ethnologie und – spätestens nach ihrem Tod – der Anatomie. Ein besonders krasses Beispiel dafür ist Juri, der in München nur ein halbes Jahr überlebte. Sein Körper wurde auf dem Südfriedhof beerdigt. Sein tätowierter Kopf war zuvor noch abgetrennt worden und wurde dann – in Spiritus eingelegt – in der Schausammlung der Anatomie öffentlich ausgestellt. Wo der Kopf heute ist, weiß man nicht.

Wieder im Museum

Miranha starb ein Jahr später. Die eingangs beschriebene Grabplatte stellt die zwei idealisierten „Indianerkinder“ dar, denen der Nordwind die Lebensgeister ausbläst. Die Inschrift lautet: „Der Heimat entrückt, fanden sie Sorgfalt und Liebe im fernen Welttheile, jedoch unerbittlich des Nordens rauher Winter“14. Heute ist die Platte im Stadtmuseum ausgestellt. Der Blick auf die Kinder als Opfer des Nordwindes und der Kälte, der den europäischen Sammlerwahn und dessen Konsequenzen völlig ausblendet, wird nicht gebrochen. Vielmehr besteht sogar die Gefahr, ihn zu wiederholen.

1    Süddeutsche Zeitung vom 30.4.2011, S. R4
2    Ebd.
3    Der „edle Wilde“ ist ein Idealbild des von der Zivilisation unverdorbenen Naturmenschen. Diese Projektion, beinhaltete immer auch die Vorstellung, dass dieser Mensch in seiner ihm zugeschriebenen „Ursprünglichkeit“ auf einer niedrigeren Entwicklungsstufe als der europäische „Kulturmensch“ stehe. Der Philosoph Jean-Jacques Rousseau war ein prominenter Vertreter dieses Konzepts.
4    Leonhardt, Henrike (1987): Unerbittlich des Nordens rauher Winter, S. 133
5    http://www.lateinamerika-studien.at/content/kultur/ethnologie/ethnologie-749.html (zuletzt abgerufen am 17.7.2013)
6    Leonhardt, Henrike (1987): Unerbittlich des Nordens rauher Winter, S. 39
7    Ebd., S. 91
8    Ebd., S. 66
9    Ebd., S. 67
10    Ebd., S. 257
11    http://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Baptist_von_Spix (zuletzt abgerufen am 17.7.2013)
12    Dreesbach, Anne (2005): Gezähmte Wilde. Die Zurschaustellung „exotischer“ Menschen in Deutschland 1870-1940, S. 22
13    Ebd., S. 29
14    Leonhardt, Henrike (1987): Unerbittlich des Nordens rauher Winter, Klappentext

Massenmörder werden in München weiterhin mit Straßennamen geehrt

Gemeinsame Pressemitteilung

Zivilgesellschaftliche Organisationen und Initiativen fordern eine verantwortungsvolle Entkolonialisierung der Münchner Straßennamen

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Am 26. März 2012 hatte die Vollversammlung des Münchner Ausländerbeirates einstimmig eine Aufforderung an den Münchner Stadtrat beschlossen, die deutsche Kolonialgeschichte, die auch in München ihre Spuren hinterlassen hat, aufzuarbeiten und die kolonialen Straßennamen in den Stadtbezirken 13 und 15 umzubenennen. Weit über ein Jahr hat sich der Münchner Stadtrat Zeit gelassen, diesen einstimmigen Beschluss des Ausländerbeirates zu behandeln. Das Ergebnis: Geht es nach dem Willen der Mehrheit des Kommunalausschusses (nur die Partei „Die Linke“ stimmte für den Antrag des Ausländerbeirates) soll es in München auch zukünftig Straßennamen geben, die erklärte Kolonialverbrecher und koloniale Massenmörder ehren: u.a. die Dominikstraße (benannt nach Hans Dominik, der als Kolonialmajor verantwortlich war für brutale Unterdrückungs­maß­nahmen und Hinrichtungen in der damaligen deutschen Kolonie Kamerun) und die Von-Gravenreuth-Straße (benannt nach Karl von Gravenreuth, der an der brutalen Niederschlagung von Befreiungskämpfen in den damaligen deutschen Kolonien Ost-Afrika und Kamerun beteiligt war).

Wir kritisieren diese kurzsichtige Entscheidung, die aus unserer Sicht ein fatales politisches Signal darstellt. Straßennamen sind die höchste Ehrung, die eine Stadt zu vergeben hat. Koloniale Verbrecher dürfen in einer Stadt, die sich als weltoffen versteht, nicht weiter geehrt werden!

Dass die Frage der Benennung von Straßen nach Kolonialverbrechern und Orten kolonialer Verbrechen nicht nur eine lokale, München spezifische ist, wurde 2010 in einer bundesweiten Resolution an die Städte und Gemeinden deutlich, die vom Deutschen Städtetag als Empfehlung an die Mitglieder weitergeleitet wurde. Zahlreiche Initiativen, Vereine und Einzelpersonen forderten u.a. die kritische Aufarbeitung der deutschen Kolonialgeschichte, die Umbenennung von Straßennamen, die Kolonialakteure ehren und die Sichtbarmachung der Gründe für die Straßenumbenennungen und des historischen Kontextes im Stadtraum. Diese Forderungen machen deutlich, dass es bei der Umbenennung kolonialer Straßennamen keinesfalls darum geht, Geschichte unsichtbar zu machen, wie es oft von den Gegner_innen der Umbenennung unterstellt wird. Vielmehr geht es darum, die Geschichte aufzuarbeiten und eine ebenso überfällige wie notwendige gesellschaftliche Debatte über die deutsche Kolonialgeschichte und ihre Auswirkungen bis in die Gegenwart zu führen. Wir erwarten von der Stadt München und dem Münchner Stadtrat, diesen notwendigen Schritt zu tun und sich dieser Auseinandersetzung zu stellen.

Wir laden Sie deshalb ein zu unserer Pressekonferenz:

Donnerstag, den 25. Juli 2013 / 11 Uhr
Bayerischer Flüchtlingsrat
Augsburgerstraße 13
80337 München

 

Teilnehmer_innen der Pressekonferenz:

Hamado Dipama (Arbeitskreis Panafrikanismus e.V.), Tahir Della (Initiative Schwarze Menschen in Deutschland e.V.), Paul Mayonga (Afrikanischer Ältestenrat München e.V.), Johanna Donner (Nord Süd Forum München e.V.), Eva Bahl ([muc] münchen postkolonial)

 

Unterzeichner_innen der Presserklärung:

Arbeitskreis Panafrikanismus e.V.

Afrikanischer Ältesten Rat München e.V.

AfricAvenir International e.V.

Initiative Schwarze Menschen in Deutschland – ISD Bund e.V.

Zentralrat der afrikanischen Gemeinde in Deutschland e.V.

[muc] münchen postkolonial

mapping.postkolonial.net

Bayerischer Flüchtlingsrat

Nord Süd Forum München e.V.

IG – Initiativ Gruppe e.V.

ADEFRA e.V.

Ökumenisches Büro für Frieden und Gerechtigkeit e.V.

Siegfried Benker, Grüne, ehemaliger Stadtrat

freedom roads! koloniale straßennamen • postkoloniale erinnerungskultur

afrika-hamburg.de

freiburg postkolonial / Heiko Wegmann

Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e.V.

Arbeitskreis HAMBURG POSTKOLONIAL

Berlin Postkolonial e.V.

 

Weiterführende Informationen

Umfangreiche Dokumentation des Beschlusses vom Ausländerbeirat zur Entkolonialisierung der Münchner Straßennamen mit einer Chronik der Geschichte der Kolonialstraßen in München
http://muc.postkolonial.net/koloniale-strassennamen-in-muenchen/
Antrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag vom 20.03.2012 (Drucksache 17/9033), in dem u.a. die „Unterstützung von Aktivitäten, die Straßennamen und Denkmäler von Kolonialverbrechen durch die Würdigung afrikanischer Persönlichkeiten ersetzen“ gefordert wird
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/090/1709033.pdf
Bundeweite Resolution postkolonialer und erinnerungspolitischer Initiativen zur kritischen Aufarbeitung des kolonialen Erbes an den Deutschen Städtetag vom Oktober 2010
http://www.freedom-roads.de/pdf/Resolution03102010.pdf
http://www.freedom-roads.de/frrd/resoluti.htm
„Nach Massenmördern benannte Straßen sind eine Zumutung“ Abendzeitung vom 17.07.2013
http://www.abendzeitung-muenchen.de/inhalt.ba-chefin-nach-massenmoerdern-benannte-strassen-sind-eine-zumutung.c5606854-320d-4f96-8ab9-f01d51eed557.html
Verdienen Kolonialherrscher einen Straßennamen? Abendzeitung vom 19.07.2013
http://www.abendzeitung-muenchen.de/inhalt.kontroverse-in-muenchen-verdienen-kolonialherrscher-einen-strassennamen.65ac0197-2e66-4064-bc0d-3676ff231fd7.html

Koloniale Strassennamen in München

 

Koloniale Strassennamen in München. Dokumentation des Beschlusses vom Auslaenderbeirat der Landeshauptstadt München zur Entkolonisierung der Muenchner Strassennamen

Eine Dokumentation des Beschlusses vom Ausländerbeirat der Landeshauptstadt München, April 2013 >> Download

Postkolonialer Stadtrundgang

Anlässlich des Buko werden wir am Freitag, den 10. Mai 2013 einen einen postkolonialen Stadtrundgang durch München anbieten. Treffpunkt: Freitag, 10.5. um 15.00 Uhr am Eingang des Eine-Welt-Hauses
Decolonize Munich!
koloniale spuren und postkoloniale verhältnisse // rundgang
[colonial traces and postcolonial realities // city-tour]

Die Statue eines Kolonialbildhauers, die verblassenden Markierungen einer kolonialen Gedenktafel auf einer Friedhofsmauer, eine umbenannte Strasse, ein nicht mehr existierendes Grab: München stand zwar (anders als Hamburg oder Berlin) nicht im Zentrum des kolonialen Geschehens, dennoch hat sich der Kolonialismus tief in die Münchner Stadtgesellschaft eingeschrieben und diese dauerhaft geprägt. Die Vielzahl an kolonialen Ablagerungen und Spuren, die sich auch heute noch im Münchner Stadtraum finden, macht die historische und gegenwärtige Präsenz post/kolonialer Realitäten deutlich. Als koloniale Gespenster spuken sie auch heute noch hartnäckig durch Köpfe und Gesellschaft. Sie zeigen sich beispielsweise in den Auslagen von ehemaligen Kolonialwarenläden oder in kolonialen Möbelabteilungen. Und sie halten sich hartnäckig in den Köpfen der Menschen wie in den Debatten um kolonialrassistische Bezeichnungen in Kinderbüchern ebenso deutlich wird, wie in der seit Jahren andauernden Auseinandersetzung um die Umbenennung kolonialer Straßennamen. In dem Rundgang werden wir uns am Beispiel von ausgewählten Orten in München mit kolonialen Spuren und dekolonisierenden Aktionen im Stadtraum auseinandersetzen.

BUKO-Kongress in München – mit postkolonialem Schwerpunkt

kongress35topbanner

Dieses Jahr von 9.-12. Mai findet der alljährliche BUKO-Kongress in München statt. U.a. wird es ein Panel zu Postkolonialismus und Antirassismus geben.

Hier schon mal eine kleine Auswahl an Workshops:

+Berlin Remix – Straßenumbenennungen als Chance zur dekolonialen Perspektivumkehr (Joshua Kwesi Aikins)

+Erinnerungspolitische Interventionen im Stadtraum (mapping.postkolonial.net)

+Postkolonialer Stadtrundgang ([muc] münchen postkolonial)

+„Plantation Memories-Episodes of Everyday Racism” (Grada Kilomba, angefr.)

+Post-koloniale Logiken in der deutschen Migrationspolitik (Kien Nghi Ha)

Wer Schlafplätze anbieten kann, die/den würden wir bitten, dieses Formular auszufüllen und ans druckwerk zu schicken.

Auch über Helfer_innen am Wochenende selbst würden wir uns natürlich freuen (z.B. zur Betreuung von Referent_innen o.ä.). Wenn Ihr dazu Lust und Zeit hättet, meldet Euch gerne bei uns!

Aktuelle Infos zum BUKO 35 findet ihr hier
und allgemeine Infos zur Bundeskoordination Internationalismus (BUKO) hier

Decolonize Munich! Koloniale Spuren und postkoloniale Verhältnisse in München

16. Februar 2013, 19 Uhr

„Decolonize Munich! Koloniale Spuren und postkoloniale Verhältnisse in München“

Vortrag von Katharina Ruhland und Zara Pfeiffer von der Gruppe [muc] münchen postkolonial

Eintritt: 5 Euro.

Ort: Kafe Marat (Thalkirchnerstr. 102)

Veranstaltung im Rahmen der antifaschistischen Konzert- und Vortragsreihe Theorie & Party.

Podiumsdiskussion: Koloniale Straßennamen – wie lange noch?

Der Streit um die kolonialen Straßennamen in München geht in eine neue Runde…Der Ausländerbeirat, das NordSüdForum u.a. laden am 25.9. zu einer Podiumsdiskussion ins Rathaus ein:

In den Münchner Stadtvierteln Bogenhausen und Trudering-Riem gibt es mehrere Straßen, die nach Schauplätzen und Offizieren der deutschen Kolonialzeit  benannt wurden. Die Forderung nach ihrer Umbenennung stößt auf unterschiedlichste Reaktionen und ist Auslöser einer heftigen politischen Debatte, die nach einigen Jahren zur Umbenennung einer Straße und dem Anbringen von Erläuterungstafeln an Straßenschildern geführt hat. Nun fordert der Ausländerbeirat die Umbenennung weiterer Straßen und entfacht die Diskussion damit erneut. Die Podiumsveranstaltung soll den offenen Dialog zwischen Gegnern und Befürwortern der Namensänderung fördern und in die Öffentlichkeit tragen.

PodiumsteilnehmerInnen:
Herr Hans Podiuk, Stadtrat, stv. Vorsitzender der CSU-Stadtratsfraktion
Frau Dr. Stephanie Hentschel, Bezirksausschuss Trudering-Riem
Frau Angelika Pilz-Strasser, Bezirksausschuss Bogenhausen
Herr Henning Hintze, Journalist, ehem. Redakteur und Auslandkorrespondent für das südliche Afrika Frau Nadja Ofuartey-Alazard, Journalistin und Autorin, AK Panafrikanismus München

Moderation:
Frau Almut Hielscher, Journalistin, langjährige Afrika-Korrespondentin des Hamburger “Spiegel”

Datum: 25. September 2012
Beginn 19 Uhr, Einlass ab 18:30 Uhr
Ort: Kleiner Sitzungssaal, Rathaus München, Marienplatz 8, 80331 München

Veranstalter:

Ausländerbeirat München in Kooperation mit Nord Süd Forum München e.V., Arbeitskreis Panafrikanismus München, Radio Lora, IG-InitiativGruppe e.V. und Humanistische Union e.V. München-Südbayern

Flyer zum Download

Straßen des kolonialen Terrors

Am 26. März 2012 beschloss der Ausländerbeirat München einstimmig einen Antrag auf Umbenennung von einem Dutzend Straßen in den Stadtbezirken Bogenhausen und Trudering-Riem. Vor allem in diesen Stadtteilen finden sich etliche von mehr als dreißig Straßen in München, deren Namen
an koloniale Akteure, kolonialen „Besitz“ oder koloniale Massaker erinnern. Einzig die Von-Trotha-Straße wurde 2006 gegen den Widerstand der Anwohnerinnen und Anwohner in Hererostraße umbenannt. Ihr ehemaliger Namensgeber Lothar von Trotha hatte den Vernichtungskrieg der deutschen „Schutztruppe“ gegen die Herero und Nama im heutigen Namibia (1904-1908) angeführt. Weitere Straßen erhielten lediglich Erklärungstafeln. Als „nicht ausreichend“ bezeichnet der Ausländerbeirat in seinem Beschluss diese Erläuterungen und spricht sich deutlich gegen die Ehrung von Personen aus, die „mit brutaler rassistischer Ideologie verbunden“ [sind]. Innerhalb der nächsten
drei Monate muss der Münchner Stadtrat nun diesen Antrag behandeln. „Wir gehen davon aus, dass der jetzige Stadtrat unseres weltoffenen Münchens sich von den Taten und Symbolen ihrer Vorgänger der 30er und 40er Jahre distanziert und bereit ist, einige damalige Irrtümer zu korrigieren“, so Hamado  Dipama vom Arbeitskreis Panafrikanismus München. Er fügt hinzu, dass man die Namen kolonialer Gräueltäter in den Geschichts- und Schulbüchern deutlicher darstellen sollte, um die Vergangenheit nicht zu vergessen, anstatt sie mit Straßennamen zu würdigen. Die Straßen sollten besser
umbenannt werden nach Opfern rassistischer Gewalt in Deutschland.

Der ganze Artikel als pdf.

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